Landwirtschaftliche Wissens- und Innovationssysteme: Verbindung von Biobauern, Beratern und Forschern

Ein gut funktionierendes AKIS ist der Schlüssel zur Erreichung der EU-Ziele für den ökologischen Landbau - 25 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche sollen ökologisch bewirtschaftet werden, und die ökologische Aquakultur soll bis 2030 deutlich zunehmen.

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Auf der Grundlage der im Rahmen des OrganicTargets4EU-Projekts durchgeführten Untersuchungen fasst dieser Artikel die Bewertung der Wissens- und Innovationssysteme in der ökologischen Landwirtschaft, der Aquakultur und der Akteure der Wertschöpfungskette zusammen. Der Zugang zu Informationen, proaktiver Wissensaustausch und kontinuierliche Wissensaktualisierung sind in allen sozioökonomischen Systemen von grundlegender Bedeutung. Im Zusammenhang mit der heutigen Lebensmittelproduktion und den zunehmenden ökologischen Herausforderungen ist ein gut etablierter Dialog zwischen Wissenschaft, Praxis und Politik, bekannt als landwirtschaftliches Wissens- und Innovationssystem (AKIS), von entscheidender Bedeutung. Ein gut funktionierendes AKIS ist in der Tat von zentraler Bedeutung, um die ehrgeizigen Ziele der Europäischen Union (EU) zu erreichen, die in den EU-Strategien "Vom Bauernhof bis zum Bauernhof" (F2F) und "Biologische Vielfalt" im Rahmen des europäischen "Green Deal" festgelegt wurden. Die Strategien zielen darauf ab, bis 2030 mindestens 25 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche in der EU ökologisch zu bewirtschaften und die ökologische Aquakultur deutlich zu steigern (ökologische F2F-Ziele). Die Erhöhung des Anteils des ökologischen Landbaus auf 25 % ist ein wichtiges Ziel, um die Nachhaltigkeit des Agrar- und Ernährungssektors in Europa zu verbessern. Dies würde eine Verdreifachung des derzeitigen Anteils des ökologischen Landbaus in der EU in nur wenigen Jahren bedeuten. In den neuen GAP-Strategieplänen 2021-2027 der EU-Mitgliedstaaten wird häufig auf die besondere Bedeutung von AKIS für die Erreichung der ökologischen F2F-Ziele hingewiesen. Wie die Ziele erreicht werden sollen und wie der konkrete Umsetzungsweg aussieht, bleibt jedoch unklar. Das europäische Horizon-Projekt OrganicTargets4EU analysiert den aktuellen Stand der AKIS für Bio in acht Fokusländern (Österreich, Dänemark, Deutschland, Italien, Frankreich, Ungarn, Rumänien und Griechenland). Basierend auf der Identifizierung der wichtigsten Lock-Ins werden länder- und sektorspezifische Maßnahmen für die Entwicklung des AKIS für Bio aufgezeigt, die zur Unterstützung und Aufwertung der ökologischen Landwirtschaft, der Aquakultur sowie der Verarbeitung und des Einzelhandels erforderlich sind.

Ein klares Bild der aktuellen Situation als Grundlage für die Verbesserung von AKIS für Bio

OrganicTargets4EU analysiert die Wissens- und Innovationssysteme durch Experteninterviews, Online-Befragungen und Kartierung der AKIS-Akteure in den 8 Fokusländern. Die Bewertung umfasst die organisatorischen Merkmale der AKIS in jedem Land und konzentriert sich auf den politischen Hintergrund, Beratungsdienste, Bildung sowie Forschung und Innovation. Auf der Grundlage der ermittelten Einschränkungen und Möglichkeiten werden Empfehlungen für die weitere Entwicklung des AKIS für den ökologischen Landbau gegeben. Für ökologische Verarbeiter und Einzelhändler enthält der Bericht eine Analyse der Unterstützung, die sie erhalten, sowie des Wissens- und Informationsbedarfs.

Fehlende institutionalisierte Finanzierung und mangelnder Wissenstransfer, Austausch und Bildung sind zentrale Hindernisse

Im ökologischen Landbau zeigt der aktuelle Stand des AKIS für den ökologischen Landbau einen unterschiedlichen Entwicklungsstand in den Schwerpunktländern. Länder mit größeren Öko-Sektoren haben mehr nationale politische Unterstützung und Zusammenarbeit in gut etablierten Netzwerken von Akteuren. Ein gut funktionierendes ökologisches AKIS ist jedoch von den konventionellen AKIS-Akteuren und deren Bereitschaft zur Unterstützung des ökologischen Landbaus abhängig. EU-Programme wie EIP-AGRI spielen eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung von AKIS, insbesondere in Ländern mit begrenzten öffentlichen Initiativen. In Ländern mit einem weniger entwickelten AKIS für den ökologischen Landbau übernehmen oft private Marktakteure die AKIS-Funktionen. Insgesamt sind lokale Verbindungen und Netzwerke wichtige Wissensdrehscheiben, kompensieren aber auch die Defizite der Bio-Bestimmungen im AKIS. Das AKIS für Bio ist gekennzeichnet durch einen Mangel an institutionalisierter Finanzierung, durch Defizite beim Wissenstransfer und -austausch sowie durch einen Mangel an institutionalisierten Bildungsprogrammen für Landwirte und Berater mit Schwerpunkt Bio. Themen zu Bio in AKIS beziehen sich hauptsächlich auf die Produktion und technische Fragen, was nur einen Teil des Lernspektrums des ökologischen Wissenssystems abdeckt. In der ökologischen Aquakultur zeigt die Analyse einen kleinen, aber engagierten Sektor mit teilweise funktionierenden Netzwerken. Trotz enger Zusammenarbeit zwischen den Akteuren ist das Wissens- und Innovationssystem (AKIS) für die ökologische Aquakultur noch nicht ausreichend etabliert, um die Landwirte angemessen zu unterstützen. Zu den wichtigsten Hindernissen gehören das Fehlen politischer Strategien zur Unterstützung von AKIS und das Fehlen konkreter Ziele in den EU-Strategien zur Förderung des Wachstums des Sektors. Die Bewertung von AKIS in der ökologischen Verarbeitung und im Einzelhandel zeigt Unterschiede in den Unterstützungsstrukturen. Einige Länder weisen gut etablierte Systeme mit einer Zusammenarbeit zwischen den wichtigsten Akteuren auf, obwohl der praxisorientierten Forschung, Bildung und Ausbildung weiterhin Priorität eingeräumt werden sollte. Im Gegensatz dazu stützen sich Länder mit weniger etablierten Unterstützungssystemen auf eine begrenzte Anzahl von Akteuren und sind durch eine geringe Verfügbarkeit von und einen geringen Zugang zu Wissen und Informationen sowie zu Aus- und Weiterbildung gekennzeichnet. Insgesamt wird AKIS in der Bio-Verarbeitung und im Bio-Einzelhandel durch einen mangelnden Überblick über das verfügbare Wissen und relevante Wissensvermittler sowie durch einen Mangel an Bio-Inhalten in Beratungsdiensten, Aus- und Weiterbildung erschwert.

Umfassende politische Rahmenbedingungen, gezielte Finanzierung und Kapazitätsaufbau entlang der Wertschöpfungskette sind der Schlüssel, um das AKIS für den ökologischen Landbau voranzubringen.

Für den ökologischen Landbau ist es von entscheidender Bedeutung, einen kohärenten politischen Rahmen auf nationaler Ebene zu schaffen, der Unterstützung und institutionalisierte Finanzierung für einen kooperativen AKIS für den ökologischen Landbau bietet. Dieser politische Rahmen sollte den Forschungskapazitäten Priorität einräumen und den Wissensaustausch innerhalb der Lebensmittelversorgungskette erleichtern. Darüber hinaus sind eine strategische Ausrichtung auf die langfristige Vision der Forschung im ökologischen Landbau und die Integration umfassender ökologischer Lehrpläne in Aus- und Weiterbildungsprogramme ebenfalls unerlässlich. Insgesamt erfordert die Weiterentwicklung des ökologischen Landbaus einen verstärkten Austausch und eine Zusammenarbeit zwischen unabhängigen Forschern, Beratern und Landwirten, bei der praxisorientiertes Wissen in einem partizipativen Ansatz entwickelt und ausgetauscht wird. Wie für die ökologische Aquakultur ist ein institutioneller Start-up-Mechanismus erforderlich, der durch eine klare Vision für den Sektor unterstützt wird, die alle Akteure der Wertschöpfungskette einbezieht und als Grundlage für sektorale Strategien, Aktionspläne und Finanzierungssysteme dient. Für die Marktentwicklung ist es notwendig, die ökologische Aquakultur in Beratungs- und Bildungssysteme zu integrieren und eine verbraucherorientierte Kommunikationsstrategie umzusetzen. Wie für die ökologische Verarbeitung und den Einzelhandel besteht ein Bedarf an unabhängiger, qualifizierter und bezahlbarer Beratungsunterstützung, um eine erfolgreiche ökologische Marktentwicklung voranzutreiben. Dies umfasst den Zugang zu vorhandenem Wissen, die Einbindung öffentlicher Institutionen und eine engere Zusammenarbeit zwischen wichtigen Organisationen und Akteuren. Spezifische Unterstützung für Innovationen sowie integrierte Bio-Lehrpläne in der Ausbildung von Verarbeitern, Einzelhändlern und Verbrauchern sind ebenfalls unerlässlich - insbesondere in Ländern mit weniger etablierten Unterstützungssystemen.

Schlussfolgerung

Die EU hat ein klares Ziel zur Förderung des ökologischen Sektors mit seinen gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und ökologischen Vorteilen formuliert. Die ökologische Landwirtschaft ist ein wissensintensives Anbausystem. Die Einrichtung und Förderung eines kollaborativen AKIS ist daher der Schlüssel zur Unterstützung von Landwirten, Beratern und Wissenschaftlern in der ökologischen Landwirtschaft, der Aquakultur und der Wertschöpfungskette. Die Analyse zeigt, dass für die weitere Entwicklung des Öko-Sektors stärkere politische und institutionelle Anstrengungen erforderlich sind, um ein solides und nachhaltiges ökologisches Wissenssystem unter den Öko-Akteuren zu etablieren.

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https://organic-farmknowledge.org/de/news-events/news/detail/agricultural-knowledge-and-innovation-systems-connecting-organic-farmers-advisors-and-researchers